
Ghost
Wir sind schon dreieinhalb Monate auf Vancouver Island, all unsere Besitztümer sind es jetzt auch. Das ging am Ende schneller als gedacht: Die Umzugsfirma teilte uns mit, dass wir am Mittwoch um 8.30 Uhr am Zoll im Flughafen von Victoria erscheinen müssten. Dort sollten wir den Fahrer treffen, der unsere Habseligkeiten mitsamt der erforderlichen Papiere von Vancouver zum Zoll brachte – und sie am nächsten Tag zu uns transportieren sollte.


Der Termin bei den Zollbeamt*innen war unerwartet unspektakulär: Niemand wollte die Kisten durchsuchen. Niemand fragte nach Batterien, Lebensmitteln, Geräten, die noch kein halbes Jahr alt waren. Vor alldem hatte uns die Umzugsfirma gewarnt. Aber nichts!
Einmal Pass, PR-Card und ein paar Dokumente vorzeigen, im Austausch ein paar Stempel bekommen – das war’s. In nicht mal fünf Minuten waren wir wieder weg. Der Fahrer in Flip-Flops war auf dem Sprung zu seinem Truck.
See you in a bit
Ganz nebenbei erwähnte er, dass er noch einen Helfer einsammeln würde, dann kämen sie gleich. „Wie – gleich jetzt? Nicht morgen?“ – „Ja, genau. Jetzt. See you in a bit.“
Wir fuhren also flugs die 37 Kilometer zurück nach Sooke. Als wir ankamen, war der Truck wundersamerweise schon da. Zum Glück waren wir am Tag vorher mit den Malerarbeiten fertig geworden und hatten schon aufgeräumt.
Zwei Stunden später waren alle 125 Teile in Haus und Garage verstaut. 125 Teile, das waren 89 Kartons unter anderem Büchern, Lieblingsbüchern und absoluten Favoritenromanen, aber auch unsere Fahrräder, ein E-Piano und zwei ans Herz gewachsene Schränke. Dazu noch Töpfe, Besteck, Schuhe, Schallplatten, Teller, Steuerakten, Werkzeug und Bilder.

Dreieinhalb Monate war der Großteil unserer Besitztümer außer Reichweite. Ende Mai wanderten sie in einen großen Container in München. In diesem reisten sie auf einem Schiff einmal um die halbe Welt. Zweieinhalb Monate warteten sie in Vancouver in irgendeiner Lagerhalle, bis wir ein Haus gefunden hatten.
Vermisst haben wir sie gar nicht – wir konnten prima mit den Sachen aus unseren Rucksäcken leben. Außerdem waren wir ja in Airbnbs und konnten auch hier kaufen, was wir brauchten.





Nun sind die Geister aus der Vergangenheit wieder mit uns vereint. Das Auspacken war ein bisschen wie Weihnachten – wir hatten die Kisten weder selbst gepackt, noch beschriftet. So wussten wir überhaupt nicht, was uns nach dem Öffnen erwartete.
Beim Großteil haben wir uns dann doch gefreut, ein kleiner Teil kam gleich auf den „Warum haben wir das überhaupt mitgenommen?“-Stapel, ein paar Dinge passen nicht mehr zu uns oder zum Haus. Beispiel: Türhaken, weil die Türen hier dicker sind.
Ein paar freudige Wiedervereinigungen gab es auch, und ein paar unerwartete Überraschungen ebenso:


Drei Tage, nachdem der Truck vor unserem Haus stand, hatten wir sämtliche Kisten ausgepackt. Bis spät in die Nacht, denn tagsüber mussten wir ja arbeiten. Nun hat fast alles schon einen Platz gefunden – so als wäre es schon immer ganz genau dort gewesen. Mission relocation completed.


Heute haben wir nach Streichen, Ausräumen, Einräumen das erste Mal Zeit für einen Spaziergang rund ums Haus gehabt. Seht her, das hier sind unsere Aussichten im Umkreis von ein bis fünf Minuten Fußweg:




